Flugplatz Jena – EDBJ
Sanft geschwungene Hügel, heiße Sommer, Orchideen und sieben Wunder: Um all das zu erleben, muss man gar nicht weit weg fahren oder fliegen. Ein Trip nach Thüringen reicht, genauer: nach Jena-Schöngleina (EDBJ)
Mitten im reizvollen Saaletal, zwischen sanften grünen Hügeln und Muschelkalksteinhängen, liegt die Stadt Jena eingebettet. Die malerische Umgebung, gepaart mit einer mehr als beeindruckenden Kulturhistorie, lädt zu mindestens einem Wochenendausflug ein. In jedem Fall finden Geschichtsliebhaber, Naturfreunde, aber auch Fans der modernen Technik in Jena und Umgebung genug zu sehen und zu erleben. Und wenn dies auch noch mit einem fliegerischen Event verbunden wird, ist der Trip gleich doppelt attraktiv: Am Wochenende 12. und 13. Juli 2014 steigt am Flugplatz Jena-Schöngleina (EDBJ) das erste deutsche Cessna-Treffen. Man mag es kaum glauben, doch so ein Fly-In gibt es bislang tatsächlich noch nicht.
Und das, obwohl sich ganz sicher behaupten lässt, dass fast jeder Motorflugpilot zumindest ein Mal während der Ausbildung oder im Laufe des Fliegerlebens im Cockpit einer Cessna gesessen haben wird – oder sogar selbst einen der allgegenwärtigen Hochdecker mit großer Freude fliegt. Selbst Nichtfliegern ist Cessna ein Begriff; die Marke steht quasi als Synonym für Kleinflugzeuge der Allgemeinen Luftfahrt. Genau so sahen das auch die Jenaer und sagten sich: Für so weit verbreitete Flugzeuge muss es ein Fly-In geben! Ein tolles Rahmenprogramm haben sich die Veranstalter dafür ausgedacht: Neben typischen kulinarischen Genüssen aus der Thüringer Gegend, einer Menge Flugspaß und viel Zeit zum Austausch von Fliegergarn steht ein exklusiver Ausflug zu einer Ganzkuppelprojektion im Carl-Zeiss-Werk an.
Am Flugplatz Jena-Schöngleina (EDBJ) steigt das erste deutsche Cessna-Treffen
Verblüffend realistisch erlebt man hier nicht nur den Sternenhimmel und einen simulierten Flug durch unsere Galaxie, sondern auch einen Spaziergang durch die Raumstation ISS. In jedem Fall ein ganz besonderes Erlebnis. Die weiteste Anreise zum Treffen wird übrigens prämiert. Nicht zu vergessen: Fußballfans müssen angesichts des Datums nicht hadern, ob dieses Wochenende nicht doch ungünstig sein könnte. Im Gegenteil: Am Abend wird eine Großleinwand aufgebaut, so dass man das Spiel um Platz drei zusammen mit den Fliegerkollegen erleben kann.Wer Angst hat, dass das Wetter nicht mitspielen könnte: Durch seine Lage, eingebettet zwischen Hügeln, hat Jena ein Mikroklima, das die Stadt zu einem der wärmsten und niederschlagsärmsten Orte Deutschlands macht.
Nicht umsonst gilt die Region als die Toskana des Ostens. Und wenn man erst einmal in der Gegend ist, sollte man sich durchaus ein wenig Zeit nehmen, denn es gibt vieles in Jena und der Umgebung zu entdecken. Zwar nicht sieben Weltwunder, aber doch sieben Wunder nennt Jena sein Eigen, und die dazugehörigen Geschichten erzählte man sich schon im 17. Jahrhundert. Eins der Wunder findet man in der Stadtkirche St. Michael: Ara, eine Unterführung direkt unter dem Altar, früher der einzige Zugang zu einem Zisterzienserkloster. Wundersam auch Draco, ein siebenköpfiger Drache, dessen Statue vermutlich von Studenten im 17. Jahrhundert angefertigt wurde – sie ist heute im Stadtmuseum zu bewundern.
Jena hat ein Mikroklima: Nicht umsonst gilt die Region als die Toskana des Ostens
Die Rathausuhr schmückt der Kopf des „Schnapphans“: Zu jeder vollen Stunde schnappt er nach einer goldenen Kugel eines Pilgers. Man sagt, die Kugel sei die Vorlage für die berühmten Thüringer Klöße! Der Legende nach geht Jena unter, wenn der Schnapphans diesen Kloß zu fassen bekommt. Zum Glück unterliegt dieses Unterfangen seit Jahrhunderten dem Misserfolg. Weitere Wunder wie der Fuchsturm östlich der Stadt oder die Camsdorfer Brücke inspirierten sogar Dichterfürst Goethe, der hier im Wirtshaus „Zur Tanne“ seinen Erlkönig schrieb. Wenn dann der Hausberg Jenzig in der Abendsonne glühend rot leuchtet, steht man vollends im Bann der Wunder – und kann es vielleicht etwas leichter verschmerzen, dass Wunder Nummer sieben nicht mehr existiert.
Das Weigelsche Haus, Heimstatt des Mathematikprofessors Erhard Weigel, war gespickt mit technischen und mechanischen Finessen und zur damaligen Zeit ein absolutes Muss für Stadtbesucher. 1898 wurde es dann schnöderweise abgerissen, um einer Straßenverbreiterung Platz zu machen. Heute ist man da etwas weiter: Die nahe Autobahn A4 kommt in einen Tunnel, um Flora und Fauna nicht weiter zu belasten – im besonderen lokalen Klima gedeihen Orchideen, der Naturschutzbund bietet geführte Wanderungen an. Lohnenswert ist es natürlich auch, mit dem Flieger eine Sightseeing-Tour von oben zu machen. In einem Umkreis von bis zu zwanzig Kilometern kann man sich mit Eindrücken fast überfrachten. Das Zentrum der Stadt mit dem über 144 Meter hohen JenTower lässt sich problemlos überfliegen.
Lohnenswert ist es natürlich auch, mit dem Flieger eine Sightseeing-Tour von oben zu machen
Die sanfte grüne Hügellandschaft tut dem Auge gut, die vielen Burgen und Schlösser sind wundervolle Hingucker. Wie für den Vorbeiflug gemacht, reihen sich etwa die Dornburger Schlösser zu einem hübschen Ensemble an der Bergkante auf. Gleich drei historische Bauwerke stehen hier auf einem Plateau über der Saale; Gotik, Renaissance und Rokoko präsentieren sich auf wenigen Metern. Vor allem zur Rosenblüte ist ein Abstecher hierher zu empfehlen; Literaturfreunde wandeln zwischen den alten Mauern erneut auf den Spuren Goethes. Ebenfalls nur wenige Kilometer vom Flugplatz entfernt thront die Leuchtenburg auf einem Bergkegel aus verwittertem Muschelkalk. Neben der Wartburg gibt es keine weitere Anlage in Thüringen in einer so exponierten Lage, der Blick von hier über das Saaletal ist atemberaubend.
Einen Katzensprung weiter steht verborgen in dichten Wäldern der Herzogstuhl. Wie ein kleines Hexenhaus ragt die historische Jagdanlage im Fachwerkstil aus dem Grünen. Interessanter Abschluss der Luft-Sightseeing-Tour ist ganz sicher die Landung auf dem „Flugzeugträger“ in Schöngleina. Der Platz liegt auf einem Plateau, und man sollte auf Leewirbel achten. Sonst ergeht es einem womöglich wie dem Segelflieger und Fluglehrer Gerhard Glück vor vielen Jahren: Nach einem Flug trifft er die Platzhöhe nicht, parkt (immerhin unverletzt) eine Etage tiefer ein und hinterlässt die in der hiesigen Fliegerszene bekannte „Glückskuhle“, die man noch heute deutlich als tiefe Senke erkennen kann.Auch darüber hinaus hat der Flugplatz eine bewegte Geschichte hinter sicher.
Der Platz in Schöngleina liegt auf einem Plateau, und man sollte auf Leewirbel achten
Als Versuchsgelände der Universität Jena geht es 1939 so richtig los, auch wenn es schon zehn Jahre zuvor Segelflug gibt. Dann kommt der Krieg, und nach ’45 ist erstmal Schluss mit der Fliegerei. Nach dem Krieg fällt das Gelände unter die Bodenreform der DDR, das Land wird verteilt. Erneut ist es die Universität, die sich bemüht, den Flugplatz neu aufzubauen. Es dauert allerdings bis 1956, ehe der Flugbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Ohne die finanzielle Unterstützung von Carl Zeiss wäre dieses Vorhaben nicht möglich gewesen; doch auch dem Förderkreis um Günter Lorbeer und den enthusiastischen Fliegern ist es zu verdanken, dass sich der Platz dahin entwickeln konnte, wo er heute steht.
Viele Hürden müssen für den Aufbau genommen werden, ungezählte Arbeitsstunden investieren die Freiwilligen, um EDBJ zu diesem idyllischen und fliegerisch interessanten Standort zu machen. Die Asphaltbahn erhält der Flugplatz dann in den neunziger Jahren – und mit dem jetzt aufgelegten Cessna-Fly-in noch einen weiteren guten Grund für einen Besuch.
Jena – Tipps und Infos
Aktivitäten: Das Planetarium in der Zeiss-Stadt Jena hat das ganze Jahr über ein attraktives Programm, die Möglichkeiten der Projektionstechnik sind beeindruckend. Auch eine Führung durch das Zeiss-Werk ist möglich, Anfragen per E-Mal an gudrun.vogel@zeiss.com oder telefonisch unter 03641/64 27 70. Wer es naturnah mag, wird den Botanischen Garten lieben. Die Leuchtenburg im 20 Kilometer von Jena entfernten Seitenroda beherbergt heute ein Museum zur Geschichte des schon im 11. Jahrhundert erwähnten Bauwerks und eine Porzellan-Ausstellung.
Unterkünfte: Übernachten kann man in der näheren Umgebung schon ab 20 bis 30 Euro pro Person; eine Übersicht auf der Website von EDBJ unter www.flugplatz-jena.com. Auch am Flugplatz selbst kann man für 30 Euro (EZ)/50 Euro (DZ) preiswert übernachten, plus 5 Euro pro Person fürs Frühstück.
Anmeldung Cessna-Treffen: Im Meldegeld (20 Euro) sind die Landegebühren enthalten, das Anmeldeformular lässt sich auf der Website von EDBJ (siehe oben) herunterladen. Auch andere Flugzeugtypen sind natürlich willkommen!
Text: Stephanie Keller, Fotos: Stephanie Keller, Jens Schröder, fliegermagazin 7/2014