Flugplatz Isles of Scilly – EGHE
Sie sind die Eilande im Mittelmeer leid, wollen aber dennoch innerhalb Europas ausspannen? Wie wär’s dann mit den Inseln vor der Insel – die Scilly Islands in Südengland
Auffanglinien sind Gold wert, wenn in Sachen Navigation sonst nichts mehr hilft. Im Fall der Scillies sollte man damit aber eher zurückhaltend umgehen, es sei denn, man hat große Zusatztanks: Das nächste Festland ist Amerika …Das sollte einen aber keineswegs davon abhalten, der Inselgruppe vor der Südwestspitze Englands einen Besuch abzustatten – nicht nur wegen des exotischen Eintrags im Flugbuch. Wer rauen Nordatlantik erwartet, wird angenehm überrascht: Nicht umsonst kommt der Name „Silly“ von „Sulli“, was nichts anderes als „Sonneninseln“ bedeutet. Deutlich wird dies schon beim Anflug, hat man erst einmal Land’s End und den vorgelagerten Leuchtturm von Longships hinter sich gebracht. Nach etwa 15 Minuten Flug über Wasser taucht ein Paradies aus dem türkisfarbenen Meer, das der Karibik ähnelt: Rund 100 Inselchen, von denen allerdings nur fünf bewohnt sind. Die haben dafür malerische Namen: St. Mary’s, Bryher, Tresco, St. Agnes und St. Martin’s.
Der Flugplatz liegt auf der Hauptinsel St. Mary’s und ist mit drei Kreuzbahnen für jede Windrichtung gerüstet. Trotzdem ist gewisse Vorsicht angesagt: Zum Einen wegen möglicher Turbulenzen über den Cliffs im Anflugbereich, zum Anderen fallen die drei Pisten zum Bahnende hin deutlich ab – bei der Landung auf der „15“ ergibt sich so die beunruhigende Illusion, kurz hinter der Bahn ins Meer zu fallen …
Einmal am Boden, sorgt ein bunter Omnibus für den Transport ins Zentrum der 1000 Einwohner zählenden Inselhauptstadt mit dem stolzen Namen „Hugh Town“. Lieblingssport der Einheimischen ist übrigens nicht Fußball, sondern „Gig Racing“: Regatten mit den traditionellen „Gigs“, Booten mit sechs Ruderern und einem Steuermann.
Der Flugplatz liegt auf der Hauptinsel St. Mary’s und ist mit drei Kreuzbahnen für jede Windrichtung gerüstet
Wundern sollte man sich auch nicht über zahlreiche, für Kontinentaleuropäer seltsam anmutende Gestalten, die mit Rucksack und Feldstecher die Inselwelt bevölkern: Von den Einheimischen liebevoll-ironisch „Anorahs“ genannt, zählen sie zur Sippe der „Birdwatcher“. Sie sind ebenso wie die aus der Fliegerei bekannten „Spotter“ eine typisch britische Angelegenheit. Auch für weniger exzentrische Hobby-Biologen sind die Scillies ein Dorado: Hier entdeckt man Haubentaucher, Kormorane und Austernfänger, sogar Robben lassen sich blicken. Nicht ohne Grund. Mitten im Golfstrom gelegen, bieten die Scillies ideale klimatische Bedingungen mit warmen Wintern und überdurchschnittlich vielen Sonnentagen. Deshalb sind erstaunlicherweise Blumen Hauptexportprodukt der Inseln. In den „Tresco Gardens“ wachsen exotische Spezies im Freien, die sonst nur in den Subtropen oder im Gewächshaus gedeihen.
Auch die menschliche Rasse hat die Scillies früh entdeckt: Die ersten Siedler stammten aus der Bronzezeit, etwa 2000 vor Christus. Die Inseln bildeten damals noch eine zusammenhängende Landmasse. Zahlreiche Steingräber zeugen noch heute von dieser Zeit. Erst eine frühe globale Erwärmung und der damit ansteigende Meeresspiegel gab den Inseln ihr heutiges Gesicht. Jeden Morgen und am frühen Nachmittag verlässt eine Flotte kleiner Motorboote St. Mary’s. Der Hafen ist Ausgangspunkt für Bootstouren zu den Nachbarinseln. Jede davon hat ihren eigenen Charakter, aber eine Gemeinsamkeit: schneeweiße Strände mit einem unglaublich feinen Sand. Für einen Tagestrip vom englischen Festland sind die Scillies deshalb eigentlich zu schade – zu schön und vielfältig ist ihre Inselwelt. Und wer will schon nur für einen Tag in die Karibik fliegen?
Isles of Scilly – Tipps und Infos
So kommt man hin: Viele Wege führen auf die Scillies – die meisten davon treffen sich irgendwo an der französischen Kanalküste, um den Weg über den Ärmelkanal möglichst kurz zu halten. Le Touquet bietet sich nicht nur wegen seines guten Restaurants als Zwischenstop an – Großbritannien ist kein Schengen-Mitglied, also muss man von einem Zollflugplatz aus einfliegen. Man braucht aber in England nicht unbedingt auf einem Zollflugplatz zu landen: Mit Hilfe des General Aviation Report (GAR)-Formblattes kann jeder beliebige Platz angeflogen werden, wenn der Zoll mindestens vier Stunden vor Ankunft (aus einem EG-Land) verständigt wird (siehe auch fliegermagazin 5/06, „Fly Goodwood“).
Sind die Kreidefelsen erst einmal erreicht, führt die weitere Route sinnvollerweise entlang der englischen Südküste – bis zur Isle of Wight durch relativ freien Luftraum. Auf dem weiteren Weg nach Westen wird’s dann etwas gedrängter: Die Gegend um Southhampton (Solent CTA/CTR) ist „very busy“, und man ist gut beraten, die Luftraumgrenzen peinlich genau zu beachten. Solent Radar steht dabei hilfreich zur Seite. Radar Service empfiehlt sich auch auf der restlichen Route: Plymouth Military (124,15 und 121,25 MHz) sowie weiter westlich Couldrose (134,05 MHz) offerieren Lower Airspace Radar Service (LARS). Für VFR-Flüge ist das der Radar Information Service (RIS), der nicht nur anderen bekannten Verkehr meldet, sondern auch Infos über den Status von Danger Areas und ähnliches gibt.
Land’s End ist letzte Gelegenheit für einen Stop auf dem „Festland“ und mit vier Kreuzbahnen bei fast jedem Wind anfliegbar. Allerdings „strictly PPR“ (wie auch St. Mary’s) – und zwar vor dem Flug via Telefon. Wer will, kann von hier einen Flugplan zu den Scillies aufgeben – es ist aber keine Pflicht. Und aufpassen: Der Helikopter-Verkehr von Land’s End zu den Scillies ist ziemlich heftig. Gerade bei diesigem Wetter empfiehlt sich intensive Luftraumbeobachtung!
Unterkunft: Unterkünfte in Hotels, Pensionen und Bed & Breakfast-Pensionen vermittelt das Isles of Scilly Tourist Information Centre, Hugh Town, St. Mary’s, Isles of Scilly TR21 0LL, Telefon 00 44/17 20 42 25 36 oder Fax 00 44/17 20 42 37 82
Aktivitäten: Schwimmen, Bootsausflüge, vogelkundliche Exkursionen – auf den Scillies kann man auf vielfältige Weise seine Freizeit verbringen. Eine gute Übersicht bietet die Homepage www.simplyscilly.co.uk/
Text: Heinz Schreiber, fliegermagazin 8/2007