Flugplatz Femø
Einen Hauch von Abenteuer, eine nicht ganz einfache Piste und ein Gasthaus direkt an deren Ende: Besser als auf der dänischen Insel Femø können es Piloten kaum treffen
So ist das mit Geheimtipps: Sie sind ein wenig schwerer zu erreichen als normale Ziele. Das beginnt mit den grundlegenden Informationen: Femø – wo ist das eigentlich? Eine Anflugkarte? Gibt’s nicht. ICAO-Kennung? Fehlanzeige. Platzrunde? Nie gehört. Frequenz? Nein, auch nicht. „Kommt einfach, die Bahn ist frisch gemäht Ihr seid herzlich willkommen“, sagt Pia am Telefon. Sie ist Besitzerin des Gasthauses Femø Kro – und der Landebahn daneben. So geht Fliegen in Dänemark! Also erstmal ein Blick auf die Karte. Ob ICAO oder Jeppesen: Femø ist gerade noch mit drauf. Hinter Fehmarn – der Belt ist bei ausreichender Höhe ohne Schwimmwesten zu schaffen – kommt die erste große dänische Insel, Lolland. Gleich nördlich davon sind ein paar Inselchen verzeichnet. Eine davon ist Femø, gerade mal elf Quadratkilometer groß.
Bei der Flugplanaufgabe nach Femø sind längst vergessene Theoriekenntnisse anzuwenden: Ins Feld Destination kommt mangels ICAO-Kennung die Buchstabenfolge „ZZZZ“, dann in Feld 18 der Eintrag „DEST/FEMOE“. Das reicht. Die dänischen Kontroller von Copenhagen Information kennen die Insel, bei ihnen kann vor der Landung auch der Flugplan geschlossen werden. Geheimtipps sind, wie gesagt, schwer zu erreichen: Die Bahn auf Femø ist nicht ohne. 650 Meter Gras sind zwar für viele Flugzeuge mehr als genug. Doch 15 Meter Breite können sehr schmal werden, wenn direkt links und rechts der Weizen hoch steht. Zudem ist die Piste eine Einbahnstraße: Gelandet wird ausschließlich vom Meer kommend in die „23“, gestartet auf der Gegenrichtung „05“ zum Wasser hin. Denn am Ende der „23“ stehen hohe Bäume entlang der Dorfstraße. Die Entscheidung zum Durchstarten sollte also eher frühzeitig fallen.
Geheimtipps sind schwer zu erreichen: Die Bahn auf Femø ist nicht ohne
Und bei stärkerem Wind, der womöglich noch nicht mal genau von der Seite kommt, ist ein anderes Ausflugsziel die bessere Wahl – weder Starts noch Landungen mit viel Rückenwind machen Spaß. Früher verlief übrigens auch noch eine Hochspannungsleitung quer über die Bahn. Das ist noch nicht alles. Auf den ersten 200 Metern ist die „23“ noch recht eben. Dann aber folgen langgestreckte Bodenwellen – nichts wirklich Schlimmes, aber je früher man aufsetzt, desto langsamer ist man bis dahin. Beim Start wirft einen spätestens die zweite Welle in die Luft. Dann sollte man im Zweifel nachdrücken, um im Bodeneffekt zu bleiben, bis das Flugzeug wirklich fliegt. All diesen Schwierigkeiten zum Trotz: Wer sein Flugzeug gut beherrscht und sich geeignetes Wetter aussucht, sollte Femø meistern können. Allerdings bitten die Wirtsleute um vorherigen Anruf, damit sie die aktuellen Verhältnisse erklären können. Außerdem schließen sie manchmal an einem Tag in der Woche ihr Lokal, wenn allzu wenig los ist.
Auch im Januar und in der ersten Februar-Hälfte ist der Kro geschlossen. Jetzt wird gelandet. Und auf der Piste bis zum Ende durchgerollt, denn links und rechts ist Acker. Vor der Minigolfbahn links ist eine Abstellfläche, die mit vier Flugzeugen schon reichlich voll wäre. Und gleich dahinter winkt Pia von der Terrasse des Restaurants. Die Gäste haben sich auf der Wiese versammelt: Dass hier ein Flugzeug ankommt, ist selten genug, um eine Attraktion zu sein. Wer für einen Kurztrip hier ist, der muss sich jetzt nur noch auf die Terrasse setzen, bestellen und sich beim Blick über das eigene Flugzeug hinweg auf die weite Ostsee ganz dem Charme dieses Fleckchens ergeben. Die Regeln im Femø Kro sind einfach: Wer isst (es sollte mehr als eine Winzigkeit sein), zahlt keine Landegebühr. Ansonsten sind 75 dänische Kronen, also etwa 10 Euro fällig.
Die Regeln im Femø Kro sind einfach: Wer isst, zahlt keine Landegebühr
Die sonstige gastronomische Auswahl auf der Insel mit 140 Einwohnern ist ohnehin begrenzt: Auf der anderen Seite der Dorfstraße gibt es ein besuchenswertes Hof-Café mit Galerie; am zwei Kilometer entfernten Hafen steht die typisch dänische Bude, die Hot Dogs und Eis verkauft. Ansonsten bietet Femø viel Ruhe, nette Menschen und fast rings um die Insel Badestrände. Besonders schön ist der am Südzipfel, der spitz im Meer ausläuft. Übernachtungen sind im Kro möglich – nicht im Altbau von 1659, sondern im modernen Seminargebäude gegenüber. Es gibt auch einen Campingplatz auf der Insel, ebenso einen Krämerladen am Hafen, wo im Sommer viele Yachten liegen.
So hat man beim Start zurück nach Hause vor allem Segler als Zuschauer. Während einer Woche im Jahr ist auf Femø keine Spur von Insel-Idylle: Hunderte Menschen fallen Anfang August zum Femø Jazz Festival ein. Überall auf der Insel, auch am Kro, spielen dann fast rund um die Uhr Jazzbands aller Couleur. Für Musikfans ist diese Veranstaltung erst recht ein Grund für einen Besuch. Die anderen kommen lieber ein paar Wochen davor oder danach.
Femø – Tipps und Infos
So kommt man hin: Die Piste liegt am Nordrand der Insel Femø, sie verläuft etwa in Richtung 05/23. Gelandet wird vom Meer aus auf der „23“, am Ende steht eine Baumreihe. Es sollte am Bahnanfang aufgesetzt werden, da der hintere Teil Bodenwellen hat. Der Start erfolgt zum Meer hin auf der leicht abfallenden „05“.
Unterkunft und Ausflüge: 750 dänische Kronen (DKK) kostet im Femø Kro ein Doppelzimmer mit Frühstück. Die Zimmer gehören zu in einem Neubau auf der anderen Straßenseite. Miet-Fahrräder sollte man beim Kro vorbestellen, sie kosten 50 DKK pro Tag. Dort gibt es auch eine Inselkarte, auf der Badestrände und Sehenswertes verzeichnet sind. Das jährliche Femø Jazz Festival findet 2010 vom 27. Juli bis 1. August statt (www.femoejazz.dk).
Text und Fotos: Thomas Borchert, Martin Naß, fliegermagazin 7/2010