Flugplatz Emden – EDWE
Die Anfänge der Stadt an der Emsmündung gehen bis ins Jahr 800 zurück – über die Jahrhunderte hat Emden nichts eingebüßt von seiner Bedeutung für die Region. Ein Ausflug dorthin lohnt sich allemal!
Wenn an einem klaren Tag im Nordwesten vor der Flugzeugnase die Nordseeküste auftaucht, herrscht im Cockpit Urlaubsstimmung. Emden ist eine Hafenstadt, der kleine Flugplatz nur einen Steinwurf entfernt: Wir sind neugierig, was es hier zu entdecken gibt. Auf der Info-Frequenz tönt uns ein entspanntes „Moin!“ entgegen, hier im Nordwesten der Rund-um-die-Uhr-Gruß und nicht zu verwechseln mit „Guten Morgen“. Nach der Landung auf der 1300 Meter langen Piste rollen wir vorbei an geparkten Hubschraubern zum Vorfeld. Wenig später stehen wir in einem Mini-Terminal mit verglastem Flugscheinschalter und Restaurant. Hier kann man gegen eine kleine Spende Fahrräder ausleihen und damit in rund 10 Minuten die Innenstadt erreichen.
Aus der Vogelperspektive haben wir Emdens Kanäle, das Hafenbecken und allerhand Industrie erspäht. Kein Zweifel: Hier ging es schon immer um Seefahrt, doch davon allein lebt die Stadt heute nicht mehr. Ein großer Arbeitgeber ist das VW-Werk, das von 1965 an den Käfer baute und seit 1977 den Passat vom drittgrößten Autoverladehafen Europas in alle Welt schickt. Werksbesichtigungen für Autofans ab sechs Jahren gibt es an allen Werktagen. Auf der Fahrt in die City kommen wir durch Wohngebiete zu einem alten Stadtgraben. Die Wallanlage aus dem 17. Jahrhundert rettete Emden als einzigen Ort Ostfrieslands vor der Einnahme im Dreißigjährigen Krieg. Damals war die Stadt, ursprünglich eine kleine friesische Handelssiedlung, schon rund 800 Jahre alt und rackerte sich im Laufe der Zeit zu einer der bedeutendsten Hafenstädte Europas hoch.
Aus der Vogelperspektive haben wir Emdens Kanäle, das Hafenbecken und allerhand Industrie erspäht
Das ausgehende 19. Jahrhundert brachte industriellen Aufschwung: Das erste deutsche See-Telegrafenkabel verband Emden mit New York, und der Kaiser persönlich weihte 1902 den neuen Hafen ein. Emden bekam eine Großwerft und die damals weltgrößte Seeschleuse. Wir fahren zum Hafen, vom dem aus die wichtigsten Touristenattraktionen in wenigen Fußminuten zu erreichen sind. Direkt vor unserer Nase liegen Museumsschiffe; in der Saison kann man Hafenrundfahrten machen. Gleich gegenüber dem Rathaus (sein Vorgängerbau fiel wie die meisten Renaissance-Bauten einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zum Opfer) liegt das „Otto-Huus“. Keine Geringerer als der Komiker Otto Waalkes hat sich mit diesem Museum ein Denkmal gesetzt; es zeigt Filme und Erinnerungsstücke aus seinem Leben.
Otto ist übrigens nicht der einzige Promi Emdens: Auch Stern-Erfinder Henri Nannen, Regisseur Wolfgang Petersen und Entertainer Karl Dall stammen von hier. Henri und Eske Nannen gründeten die bundesweit bekannte Emder Kunsthalle (für moderne Kunst) mit Malschule, die sehr sehenswert ist. Kinder gehen gern ins Landesmuseum, weil hier auch „Bernie“, die Moorleiche zu besichtigen ist. Eine wuchtige Attraktion ist das Bunkermuseum, das dicht am Hafen in einem Monster von Beton auf seine Besucher wartet. Gleich gegenüber liegt, einladend und wie zur Beruhigung der Nerven nach dem düsteren Bunker, eine beliebte Traditionsgaststätte. Die Dame am Kuchentresen, mit der wir ins Gespräch kommen, verrät uns, dass sie gern hier lebt, die Lebensqualität sei hoch.
Auf unserem Rundgang kommen wir an überraschend vielen Kneipen und Cafés vorbei, deren große Zahl auch im Reiseführer gelobt wird. Von der einfachen Fischbude am historischen Hafentor bis zum Szene-Lokal reicht das Angebot. Emden wirkt in der Nebensaison mit den roten Klinkerbauten ohne Touristenströme und Sonnenschirme etwas nüchtern. Immerhin hat der berühmte Architekt Fritz Höger (er schuf das Hamburger Amerika-Haus) seine Spuren hinterlassen, auch einige Gründerzeit-Villen sind noch da. Tagesausflügler kommen beim Besuch der genannten Ziele auf ihre Kosten, und wer etwas mehr Zeit mitbringt, setzt sich in die Fähre nach Borkum oder ins niederländische Eemshaven. Die ostfriesischen Inseln lassen sich mit dem Flugzeug von Emden aus rasch erreichen. EDWE entstand, anders als die meisten der Insel-Pisten, erst nach dem Krieg.
Mit einer DO 27 begann 1959 der Inselflugverkehr, und bis heute brummen die rot-weißen Flugzeuge der örtlichen Linie bei fast jedem Wetter auf die nahen Inseln. „Manche Privatpiloten glauben, dies sei ein Firmenflugplatz wie Norden-Norddeich oder Harle„, seufzt Flugleiter Volker Krull. „Die machen dann lieber einen Bogen um uns.“ Norbert Harms von der Flugplatz Emden GmbH nickt. „Wir haben drei Hubschrauberfirmen hier, die Insel-Airline und auch manchmal Firmenjets von Volkswagen. Aber jeder ist willkommen, wir sind ein Verkehrslandeplatz wie andere auch.“ Tatsächlich hat Emden bei Privatfliegern einen guten Ruf wegen des freundlichen und ungezwungenen Umgangstons. Auch GPS- und NDB-Instrumentenanflüge lassen sich hier gut üben.
EDWE entstand, anders als die meisten der Insel-Pisten, erst nach dem Krieg
Draußen auf dem Vorfeld klettern ein paar Passagiere aus dem rot-weißen Borkumflieger, während in einiger Entfernung ein Hubschrauber Trainingsmanöver macht. Auch Otto Waalkes besitzt eine Hubschrauberlizenz, doch einen Heli im Ottifanten-Look suchen wir vergebens. Ist es Zufall, dass viele Künstler fliegen? Reinhard Mey machte vor Jahrzehnten in Wilhelmshaven den PPL und besang die damalige „Startbahn null-drei“, Otto machte daraus „Unter den Wolken“. Auf dem Heimweg, hoch oben über Wiesen und Kanälen, werden wir den Ohrwurm nicht mehr los.
Emden – Tipps und Infos
- So kommt man hin: Der Flugplatz liegt hindernisfrei am nördlichen Stadtrand zwischen Autobahn A31 und einem kleinen Kanal. Man findet ihn leicht auch ohne GPS: Von Südosten entlang der Ems zur Dollart-Bucht, aus dem Nordosten über einen markanten See („Großes Meer“). Emden hat eine RMZ (Radio Mandatory Zone) von GND bis 1000 Fuß, die Platzrunde verläuft im Norden in 1000 Fuß. Bei An- und Abflügen ist das Stadtgebiet zu meiden. Funkhilfe: 057°/24 NM from EEL VOR 112.40.
- Ausflugsziele: Hafen, Bunkermuseum, Otto-Huus, Kunsthalle, VW-Werk, Tagesausflüge zu den ostfriesischen Inseln. Informationen gibt die Emden Marketing und Tourismus GmbH, www.emden-touristik.de
- Stadt am Wasser: Emden ist mit rund 50000 Einwohnern die größte Stadt Ostfrieslands, liegt aber selbst für Nordlichter etwas abseits zwischen Nordseeküste und Dollart-Bucht. Wer hier dicht an der niederländischen Grenze landet, will meist weiter auf die Ostfriesischen Inseln. Der Flugplatz bietet sich auch als guter Zwischenstopp nach Holland, Belgien und Frankreich an.
Text & Fotos: Rolf Stünkel; fliegermagazin 05/2015