Flugplatz Donaueschingen-Villingen – EDTD

Schwarzwald-Bahr – also nicht wirklich Schwarzwald? Na ja, so halb. Der Landkreis, zu dem Donaueschingen gehört, liegt zwischen allen bekannten Regionen seiner Umgebung: der Schwäbischen Alb, dem Bodensee, dem Schweizer Jura – und dem Schwarzwald. Mit dem hat die Landschaft rings um Donaueschingen auch nicht viel zu tun, wenn man an die typischen Merkmale des höchsten deutschen Mittelgebirges denkt: dunkle Tannenwälder, enge Täler, steile Hänge. Die Schwarzwald-Bahr-Landschaft fühlt sich eher wie eine Hochebene an: weit und offen, mit sanften Hügeln, an denen der Horizont Sehnsucht nach dem Dahinterliegenden auslöst. In dieser Gegend gibt es nichts Beengendes, das den Betrachter zusammenstaucht, hier expandiert das Universum auch im Kleinen. Man sieht sich um und spürt einen Sog in jede Richtung.

Eine Fliegergegend. Vielleicht habe ich deshalb hierher so lang gebraucht, vielleicht war es gar nicht der Gegenwind … Elektronische Navigationshilfen dürfen jedenfalls ruhig ausfallen, wenn man den Verkehrslandeplatz anfliegt: Wer am Rand der Schwäbischen Alb die Autobahn Stuttgart–Singen im Blick hat, folgt der einzigen vierspurigen Abfahrt und kurvt an der nächsten Kreuzung nach Süden – schon ist er im Endanflug auf die Piste 18. „Die B27 ist Fluch und Segen zugleich“, sagt Michael Schlereth. Der Flugplatzgeschäftsführer hat seinen Zweisitzer (eine Triumph Bonneville) vor dem Bistro am Turm geparkt und erzählt, wie gut die Anbindung des Platzes ans Verkehrsnetz sei, wie sehr die Bundesstraße ihn aber auch von der Stadt trenne. Familien mit Kindern, Radfahrer oder Spaziergänger kämen nicht einfach mal vorbei, um das Geschehen zu betrachten und einzukehren.

Viel produzierendes Gewerbe: ein gut funktionierender Verkehrslandeplatz als wichtige Drehscheibe

Die vierspurige Straße schrecke ab. Andere Gäste lade sie ein, zum Beispiel die des Hotels Concorde am Platz. „Am Wochenende ist es leer“, sagt Schlereth, „aber durch die gute Verkehrsanbindung und die Parkplätze hat es sich als Tagungshotel etabliert.“ Verkehrstechnisch profitieren vor allem Unternehmen aus der Umgebung von der guten Anbindung. „Wir haben viel produzierendes Gewerbe mit exportorientierten Produkten“, erklärt der Flugplatz-Chef. „Es wird aber auch Manpower transportiert. Zum Beispiel fliegen Ingenieure des Drehteile-Herstellers Häring ins Werk nach Polen.“ Stolz weist der Betriebswirt darauf hin, dass sein Landkreis bundesweit zu jenen mit der geringsten Arbeitslosigkeit zähle – da sei ein gut funktionierender Verkehrslandeplatz eine wichtige Drehscheibe.

Für den Werkverkehr hat sich vor zehn Jahren viel getan, als EDTD einen Luftraum F erhielt. „Von den rund 25 000 Bewegungen, die wir jährlich haben“, erzählt Schlereth, „sind ungefähr ein Viertel bis ein Drittel IFR-Flüge. Etwa fünf bis acht Mal pro Tag machen wir den Luftraum F für wenige Minuten aktiv. VFRler beeinträchtigt das aber nicht. Sie müssen halt rausschauen und auf anfliegenden IFR-Verkehr achten.“ Durch seine Nähe zur Schweiz – bis Schaffhausen sind es nur 30 Kilometer – erledigen Piloten aus dem Nachbarland gern in Donaueschingen den Zoll. Die können manchmal kaum glauben, wie günstig die Abfertigung ist: Sie kostet nur 1,50 Euro Faxgebühr für die Meldung ans Zollamt Konstanz. Alles was der Pilot zu tun hat, ist ein Anruf am Platz zwei Stunden vor Ankunft.

Für den Werkverkehr hat sich vor zehn Jahren viel getan, als EDTD einen Luftraum F erhielt

„Ich fände es gut, wenn die Schweiz bei Europa voll mitmacht, sodass die Zollpflicht entfällt“, sagt Michael Schlereth, der selbst CPL- und PPL-Pilot ist, „dann würden noch mehr Schweizer kommen.“ Wozu kommen Schweizer nach Donaueschingen? Zum Beispiel zum Heiraten. Als ich in der City nach zehn Minuten Fahrzeit aus dem Taxi gestiegen bin, wartet der Chaffeur eines unglaublich kostbar aussehenden Oldtimers mit Züricher Kennzeichen vor der Stadtkirche St. Johann auf ein Brautpaar. Die Donauquelle, gleich nebenan, wird gerade saniert und ist deshalb leider nicht zugänglich. Ihr verdankt die Stadt viele Besucher. Sogar aus Bulgarien und Rümänien, wird erzählt, reisten Leute hierher an den Ursprung des Flusses, der in ihren Ländern eine große kulturelle Bedeutung hat.

Eigentlich müssten sie an den Zusammenfluss von Brigach und Breg pilgern, denn auf diesen Punkt, 2775 Kilometer von der Donaumündung entfernt, bezieht sich die amtliche Längenmessung des Flusses. Aus der so genannten Donauquelle sprudelt bloß Regenwasser, das im Schwarzwald versickert und unterirdisch bis Donaueschingen geflossen ist. Aber ein schön verzierter Brunnen macht als Reliquie eben mehr her als ein Zusammenfluss zweier Gewässer. Die Donaueschinger Musiktage sind der zweite große kulturelle Magnet der Stadt. Seit 1921 gibt es die Veranstaltung, sie ist das älteste und traditionsreichste Festival für experimentelle Musik und Klangkunst. Dieses Jahr finden die Musiktage von 17. bis 20. Oktober statt. Das passt – die Donauquelle werde ich mir 2015 ansehen.

Querabflug, dann um die Stadt rum nach Süden, wo auf Straßenkarten „Fürstenberg“ steht

Beim Schlendern durch die Stadt führt kein Weg an den Fürstenbergs vorbei: Brauerei, Kunstsammlung, Hofbibliothek, Parkanlage, jeweils mit dem Zusatz „Fürstlich Fürstenbergisch“, die Gruftkirche der Fürsten zu Fürstenberg, das internationale Reiturnier zum Gedenken an Fürst Joachim zu Fürstenberg – der süddeutsche Hochadel prägt Donaueschingen. „Ein Poloturnier haben die Stuttgarter nicht“, hatte der Flugplatz-Chef süffisant bemerkt. Der Fürstenberg – wie oft bin ich an dem verdammten Buckel abgesoffen, als ich noch hier in der Gegend wohnte! Wenige Kilometer südöstlich der Stadt ragt er auf 918 Meter empor – ein Startplatz für Drachen- und Gleitschirmflieger. Dort oben stand einst die Stammburg der Grafen von Fürstenberg. Heinrich der I. von Urach hatte sie im 13. Jahrhundert erbauen lassen, und Leute wie er müssen für Hubert Achleitner, den Musiker aus Goisern, ein Vorbild gewesen sein: Urach nannte sich fortan Graf von Fürstenberg.

Noch einen Kaffee in der – kein Scherz – Fürstenbergstraße, und raus zum Flugplatz, wieder per Taxi. Die Wolken ziehen sehr schnell, Westwind, die Piste hat eine Nord-Süd-Ausrichtung … Doch als ich am Platz bin, gibt der Windsack keinen Anlass zur Sorge. „Dicht über Grund“, hat mir Hofbuchhändler und Segelflieger Axel Breuer erklärt, „bläst es hier oft viel schwächer.“ Querabflug, dann um die Stadt rum nach Süden, wo auf Straßenkarten „Fürstenberg“ steht – aus einem Anflug später Revanche will ich die geschlossene Faust aus dem Fenster strecken, als ich den Drachenstartplatz umrunde. Doch da ist er wieder, dieser Sog der weiten Schwarzwald-Bahr-Landschaft, der sogar Fäuste öffnet. Teilweise.

Donaueschingen-Villingen – Tipps und Infos

• Unterkunft: Am Flugplatz: Akzent Hotel Concorde; in der Stadt: siehe http://www.donaueschingen.de/de/Kultur+Tourismus/Tourist-Information/Übernachten
• Sehenswürdigkeiten: Donauquelle (wegen Sanierung bis Frühjahr/Sommer 2015 nicht zugänglich). Fürstlich Fürstenbergisches Schloss, siehe http://www.donaueschingen.de/307?view=publish&item=tripDestination&id=2;
• Museen/Kunstsammlungen: Museum Biedermann, Fürstlich Fürstenbergische Sammlung, Brauereimuseum, Kinder- und Jugendmuseum, Zunft-Museum, Näheres auf http://www.donaueschingen.de/de/Kultur+Tourismus/Musik,-Theater,-Museen/Gesellschaft-der-Musikfreunde
• Veranstaltungen: Donaueschinger Musiktage, dieses Jahr von 17. – 20. Oktober, Tickets: Telefon 0771/857-266, Programm: http://www.donaueschingen.de/de/Kultur+Tourismus/Veranstaltungen/Donaueschinger-Musiktage; Internationales Reitturnier, Tickets: 0771 857-221, Programm: http://www.donaueschingen.de/de/Kultur+Tourismus/Veranstaltungen/Internationales-Reitturnier; Veranstaltungskalender der Stadt: http://www.donaueschingen.de/de/Kultur+Tourismus/Veranstaltungen/Veranstaltungs kalender

fliegermagazin 10/2013