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Zielfixierung: Unfall einer Cessna P210 bei Nacht
Der Pilot war ausreichend früh gewarnt – und reagierte trotzdem nicht: Er flog bei Nacht die Tanks seiner P210 leer.
Eigentlich weiß es jeder Pilot: Beim Nachtflug in einer Single ist ein Motorausfall mit der daraus folgenden Notlandung im Dunklen eines der größten Risiken. Man ist also gut beraten, bewusst alles dafür tun, die gängigen von Piloten verursachten Gründe für ein Triebwerksversagen zu vermeiden – etwa durch Spritmangel. Doch die Fixierung auf den einmal gemachten Plan und das ursprüngliche Ziel kann eine so starke Macht ausüben, dass Piloten alle Warnsignale und jede noch so simple Problemlösung ignorieren.
In einer Novembernacht startet ein Pilot mit seiner Frau in einer Cessna P210 Centurion zum mit 4:44 Stunden Dauer geplanten Flug von Trollhättan in Schweden zum Heimatplatz im schweizerischen Grenchen. Doch auch hier spielt die Zielfixierung eine entscheidende Rolle.
Pilot einer Cessna P210 ist zu sehr auf das Ziel fixiert
Die sechssitzige Maschine mit Turbomotor, Druckkabine und Enteisungsanlage ist nach IFR unterwegs. Sie hat nach Einbau von Zusatztanks ein komplexes Treibstoffsystem: Zusätzlich zu zwei Haupttanks in den Tragflächen sind in deren Spitzen zwei Zusatztanks untergebracht, aus denen mit elektrischen Pumpen Sprit in die Haupttanks umgefüllt werden kann. Der Pilot hat diese Zusatztanks auf dem Hinflug nach Schweden geleert und nicht neu betankt.
Allerdings sind beide Haupttanks voll, ebenso ein weiterer Zusatztank hinten im Rumpf. Er fasst 110 Liter. Eine Elektropumpe fördert von dort 64 Liter pro Stunde ausschließlich in den rechten Haupttank. Damit der nicht überläuft, schreibt das Handbuch vor, dass er auf ein Drittel leer geflogen werden muss, bevor der Pilot aus dem Rumpftank nachfüllt. Das missachtet der Schweizer, der mit 620 Gesamtstunden und 277 IFR-Stunden von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) als erfahren eingestuft wird: Schon 37 Minuten nach dem Start aktiviert er die Pumpe für den Transfer.
Beschädigte Pumpe: Der Füllstand des rechten Tanks erhöht sich nicht
Da sich der Füllstand des rechten Tank offenbar nicht wie erwartet erhöht, notiert er zwei Stunden später Zweifel an der Funktion der Pumpe. Die Maschine ist schon 3:34 Stunden in der Luft, es ist dunkel geworden, als der Pilot auf dem Weg zum Trasadingen VOR um einen direkteren Weg nach Grenchen bittet und eine Funktionsstörung der Transferpumpe meldet. Er habe noch für 50 Minuten Treibstoff.
15 Minuten später, um 17.51 Uhr, meldet der Pilot einen Triebwerksausfall, der allerdings nur kurz andauert. Nach Rekonstruktion der BFU ist der rechte Tank nun leer geflogen, ein Umschalten auf den linken, noch mit 44 Litern gefüllten Tank behebt das Problem vorerst. Das Flugzeug befindet sich westlich von Stuttgart – ein Ausweichen dorthin oder nach Karlsruhe wäre zu diesem Zeitpunkt kein Problem.
Ausweichen nach Stuttgart oder Karlsruhe wäre kein Problem
Doch der Schweizer bleibt beim Ziel Grenchen: Um 18.13 Uhr meldet er dem Lotsen, er erwarte eine Landung dort um 18.36 Uhr und habe noch Sprit bis 18.41 Uhr: fünf Minuten Reserve! Um 18.19 Uhr nimmt der Pilot dann doch das bereits einige Minuten zuvor gemachte Angebot des Lotsen an, zum näher gelegenen Flughafen Zürich auszuweichen – wofür er inzwischen zumindest ein Stück weit zurück fliegen muss.
Nur 14 Nautische Meilen von der Piste entfernt geschieht um 18.25 Uhr das Absehbare: Der Motor fällt endgültig aus, weil nun auch der linke Haupttank leer ist. In 5000 Fuß verlässt die Maschine die Wolken und ist nun in VFR-Nacht-Bedingungen über hügeligem Gelände unterwegs. Bei Klettgau setzt die Maschine zwischen einer Straße und einem Bahngleis auf und kollidiert mit Hindernissen. Kaum zu glauben, aber beide Insassen ent-
steigen dem zerstörten Flugzeug nur leicht verletzt. Wie die Unfalluntersucher später feststellen, läuft die Transferpumpe ohne Probleme. Sie vermuten, dass bei einer Außentemperatur von minus 25 Grad in der Reiseflughöhe FL220 gefrorenes Wasser im Tank oder der Leitung den Benzinfluss verhindert haben könnte.
Text: Thomas Borchert
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